Die Geheimnisse der Leonhardskirche
Wenn sich zu einem auf den ersten Blick wenig aufregenden Ereignis die Menschen drängen, immerzu weitere Stühle herbei geschafft werden und trotzdem noch viele Gäste nur Stehplätze haben, dann muss es wohl eine Herzenssache sein. Und das ist es in Frankfurt in jedem Fall, wenn es um die seit 2010 wegen Sanierung geschlossenen St. Leonhardskirche geht. „Überwältigt von der Resonanz“ zeigte sich am Donnerstag, 14. Februar, bei der Vorstellung des Buches „St. Leonhard in der Frankfurter Altstadt“ Bettina Schmitt, die Direktorin des Dommuseums, das an diesem Morgen als Gastgeber fungierte. Aber sie wusste auch den Grund für den Ansturm. Den Gästen sei einfach klar, was sie mit diesem Buch in Händen hielten: „Den Schlüssel zum Verständnis der aufregendsten Grabungen auf dem Frankfurter Stadtgebiet.“
Dass diese Grabungen spektakulär sein würden, habe sich schon vor zehn Jahren bei den ersten Vorarbeiten gezeigt, sagte sie und bekannte, dass sie bis heute bei diversen Begehungen die fast 800 Jahre alte Kirche „nur mit Herzklopfen“ betrete. Das ehrwürdige Gebäude komme ihr vor wie eine "Zeitmaschine" durch die Jahrhunderte - romanische Basilika im 13. Jahrhundert, Grablege der Frankfurter Patrizier im Mittelalter, Lagerhalle der Buchhändler zu Messezeiten. Die wertvollen Funde, die die Autoren des Buches nach ihren lobenden Worten "zum Sprechen bringen", sind inzwischen größtenteils wohlgeordnet und im Magazin verwahrt. Aus den Augen sind sie damit allerdings nicht, so Schmitt, die bei dieser Gelegenheit gleich eine ganz besondere Ausstellung im Dommuseum ankündigte. Im August werden die „Schätze aus dem Schutt“ hier erstmals gezeigt werden.
Bis dahin bleibt allen Neugierigen das Buch, das auch die übrigen Redner den Lesern wärmstens ans Herz legten. Schließlich gebe hier eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt, so der zuständige Dezernent, Stadtrat Mike Josef, seine Geheimnisse preis. Einen kleinen aufregenden Einblick in diese Geheimnisse ermöglichte die Leiterin des Denkmalamtes, Andrea Hampel, wobei sie ihren Worten als Motto den Satz „Grabungen in Kirchen sind die Kür“ voranstellte. Allein mit ihrem Hinweis darauf, dass der Fußboden seit den Anfängen dieses Gotteshauses um 2,60 Meter aufgefüllt wurde, zeigte sie die Dimension des „komplexen Geschehens“ auf: „Wir haben hier 800 Jahre durchgehende Bauarbeiten.“ Eine außergewöhnliche Premiere waren auch die anthropologischen Untersuchungen an den Bestattungen, die neue Erkenntnisse über das Leben und Sterben der Patrizier im mittelalterlichen Frankfurt brachten.
Das Buch „St. Leonhard in der Frankfurter Altstadt“, entstanden mit Unterstützung des Denkmalforums und erschienen im Verlag Henrich Editionen, ist in diesem Jahr zum Sonderpreis von 25,- Euro erhältlich.