RAUMWUNDER. Frankfurter Maler entdecken das Kircheninterieur
INFO
Die Ausstellung „Raumwunder. Frankfurter Maler entdecken das Kircheninterieur“ ist vom 25. Oktober 2024 bis zum 19. Januar 2025 in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt im Dommuseum Frankfurt zu sehen. Öffnungszeiten: Di, Do, Fr, 10.00–17.00 Uhr; Mi, 10.00–19.00 Uhr; Sa und So, 11.00–17.00 Uhr. Eintritt: 7 Euro (4 Euro ermäßigt).
Vom 25. Oktober 2024 bis zum 19. Januar 2025 zeigt das Dommuseum Frankfurt in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt im Kreuzgang des Domes und im Sakristeum die Ausstellung „Raumwunder. Frankfurter Maler entdecken das Kircheninterieur“. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird das kunstbegeisterte Frankfurt zum Schauplatz einer Wiederentdeckung: Das Kircheninterieur – die perspektivische Darstellung von Kircheninnenräumen – erlebt eine neue Blüte. Vorbild sind die auf dem Kunstmarkt gesuchten Gemälde der berühmten niederländischen Meister des 17. Jahrhunderts, die in keiner Sammlung fehlen durften.
Zwischen 1770 und 1820 entstanden zwischen zwei- und dreihundert Phantasiekirchen und dutzende Porträts Frankfurter Kirchen: Gemälde und ausgeführte Zeichnungen, die schon bald europaweit gehandelt wurden. Anstelle der Oude Kerk in Delft oder der Kathedrale von Antwerpen werden nun der Frankfurter Dom oder die Leonhardskirche porträtiert. Es entstehen aber auch frei entworfene Kirchen in unterschiedlichen Baustilen, von der Gotik bis zum Barock, zuweilen phantastisch gemischt. Immer wieder sind die Maler fasziniert davon, wie sich die Räume durch perspektivische Konstruktion in die Tiefe erstrecken. Manchmal reich ausgestattet, manchmal äußerst karg werden sie zur Bühne für unterschiedlichstes Personal, für kleine Szenen und Begegnungen.
Die Ausstellung „Raumwunder – Frankfurter Maler entdecken des Kircheninterieur“ im Dommuseum Frankfurt widmet sich erstmals diesem einzigartigen Phänomen und präsentiert seine ganze Bandbreite anhand von zahlreichen Werken der beiden Hauptvertreter dieses Gemäldegenres, Johann Ludwig Ernst Morgenstern (1738–1819) und Christian Stöcklin (1741–1795), ihrer Vorläufer und Wegbegleiter. Zu Morgensterns Kundenkreis zählten Sammler wie der Zuckerbäcker Prehn oder der Jurist und Städel-Administrator Grambs, aber auch die Prinzessin Henriette Amalie von Anhalt-Dessau. Eine echte Entdeckung sind die ausgeführten Zeichnungen des nur dreißig Jahre als gewordenen Johann Vögelin (1754–1784) aus Zürich, der wenige Jahre in Frankfurt blieb, dem Frankfurter ‚Phänomen Kircheninterieur‘ aber entscheidende Impulse gab.
Zeitreise – Spaziergang durch den Dom um 1780
Erstmalig werden in dieser Ausstellung die Porträts der Frankfurter Kirchen auch auf ihren Quellenwert und somit ihre Zuverlässigkeit im Hinblick auf Raumgestalt, Ausstattung und liturgischen Gebrauch kurz vor der Säkularisation untersucht. Wie sahen St. Leonhard, die Liebfrauenkirche, der Frankfurter Dom vor 1800 aus? Was hat sich verändert im Vergleich zu heute? Den Porträts Frankfurter Kirchen ist ein eigenes Kapitel der Ausstellung im Kreuzgang des Kaiserdoms gewidmet.
Kircheninterieur als Spiegel städtisch, bürgerlicher Utopie
Die Ausstellung stellt die im Frankfurt des 18. und frühen 19. Jahrhundert entstandenen Werke ausgewählten Gemälden aus den Niederlanden des 17. Jahrhunderts gegenüber. Sie rückt ein Phänomen und eine Bildgattung in den Fokus, die bisher wenig gewürdigt wurde, malerisch und ästhetisch aber geradezu berückend ist. Jedes einzelne Gemälde ist eine Einladung zum Augenspaziergang in die schönste Raumschöpfung der europäischen Kunst – den Kirchenraum. Die sorgfältig und virtuos ausgeführten Gemälde des Johann Ludwig Ernst Morgenstern messen sich mit den niederländischen Vorbildern – und doch steht das Kircheninterieur nun unter anderen Vorzeichen. In der Umbruchszeit zwischen Aufklärung und Romantik, Revolution und Restauration kann das Kircheninterieur städtische, bürgerliche Identität spiegeln oder Symbol nationaler Utopie werden. Am Ende der Ausstellung steht ein Blick in die Romantik mit ihrer Überhöhung der gotischen Kirchenruinen und Kathedralen.
Idee zur Ausstellung
Die Idee zur Ausstellung hatte Dr. Wolfgang Cilleßen, Kurator am Historischen Museum Frankfurt, der sich mit dieser Schau auch aus Frankfurt verabschiedet. Seiner jahrelangen Forschung verdanken sich spektakuläre Neuentdeckungen und Erwerbungen. Mit ihm arbeitete Dr. Almut Pollmer-Schmidt an dem Projekt, Kennerin der niederländischen Kircheninterieurs des 17. Jahrhunderts, sowie Dr. Gerhard Kölsch als Experte für die Kunst im Rhein-Main-Gebiet im 18. Jahrhundert. Zusammen mit Anja Damaschke, Restauratorin am HMF, untersuchten sie sämtliche Gemälde aus Morgensterns Werkstatt, um zu verstehen, wie der Maler bei der Konstruktion seiner Architektur vorging.
Text: Katja Bund