"Alle beraten, wenige entscheiden" - das klappt nicht (mehr)
Was passiert mit den Ergebnissen der seit 2021 laufenden Bischofssynode? Welche rechtliche Bedeutung erlangt das Abschlusspapier? "Oder geschieht dann das gleiche wie bei der Amazonas-Synode, also dass ein Abschlussdokument verfasst und dem Heiligen Vater in die Hände gelegt wird, über dem er meditiert - und dann schreibt, was er will?" Das fragt der Mainzer Kirchenrechtler Prof. Dr. Matthias Pulte bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel "Was ist von der römischen Synode zu erwarten?", bei der am Mittwochabend im Haus am Dom Experten über realistische und unrealistische Erwartungen debattierten.
Moderiert wurde die Runde von Matthias Drobinski, Chefredakteur der Zeitschrift Publik Forum, der dann auch prompt fragte: "Ist das sowas wie ein innerbetriebliches Vorschlagswesen in einem mittelständischen Betrieb, in dem jeder Mitarbeiter Verbesserungsideen einbringen kann und am Ende guckt sich der Besitzer das alles an, übernimmt manches und anderes nicht. Ist das Synodalität? Das wäre ein bisschen wenig, oder?"
Wird der Weg weitergegangen?
Diese Phase habe der Synodale Weg in Deutschland längst hinter sich gelassen, konterte der Bochumer Neutestamentler Prof. Dr. Thomas Söding. Mit dem Label "Gemeinsam beraten und gemeinsam entscheiden" habe man versucht, den nächsten Schritt zu gehen. Auf weltkirchlicher Ebene seien die Kontexte natürlich sehr unterschiedlich, da müsse man nun sehen, wie es gelinge, die ungelösten Probleme in der Verfassungsstruktur aufzulösen und anzusprechen. Söding sagte, die internationale theologische Kommission habe vor einigen Jahren ein Papier geschrieben, in dem sie versucht habe, die Unterscheidung zwischen Beratung und Entscheidung deutlich zu machen, dabei aber zugleich die Entscheidungsgewalt weiter dem geweihten Amt, also dem Bischof, vorbehalten wollte. "Jetzt sehe ich aber, dass diese einfache Dichotomie von ,Alle dürfen beraten, aber einige wenige entscheiden' nicht klappt." Im Arbeitspapier der Weltsynode, dem Instrumentum Laboris, sehe man eine andere Differenzierung, nämlich die von "Decision-Making" und "Decision-Taking". Da ahne man trotz schlechter englischer Formulierung, worum es gehe, so Söding: Es solle die Beteiligung an den Entscheidungen gestärkt, aber zugleich am starken Bischofsleitungsprinzip festgehalten werden. Das sei ein Versuch, die Lücke semantisch zu überbrücken, indem der Prozesscharakter betont werde. "Jetzt bin ich gespannt, ob dieser Weg weitergegangen oder zurückgedreht wird. Das wäre für mich einer der Kriterien, ob wirklich erkannt wurde, was die Stunde geschlagen hat oder ob hier schon so etwas wie ein Rollback beginnt, was ich schade fände."
Hoffnungsvoll zeigte sich in dieser Hinsicht Prof. Dr. Jan-Heiner Tück, Professor für Dogmatik an der Uni Wien: "Papst Franziskus ist sich sehr darüber im Klaren, dass die Autorität seiner letzten Entscheidung eine viel größere ist, wenn er durch synodale Prozesse hindurch gegangen ist und sich, wenn möglich, das, was ihm vorgelegt wird, auch zu eigen macht", betonte er. Dass er dies aber nicht automatisch tue, sei das, was als Unantastbarkeitsmoment verstanden werden könne.
Die wichtigsten Momente des Gesprächs haben wir in einer Podcast-Folge zusammengefasst, die direkt hier und auf allen gängigen Podcast-Plattformen (Kanal "Haus am Dom") frei zugänglich angehört werden kann. Das Video zur Veranstaltung im Haus am Dom ist auf unserem YouTube-Kanal zu finden.
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