23.03.2014

Die Nagelprobe christlichen Glaubens

Thementag im Museum Wiesbaden spürt der Gottesfrage nach

WIESBADEN.? Zwischen Mittelalter und Moderne liegen Jahrhunderte ? oder nur paar Treppenstufen wie im Museum Wiesbaden. Dorthin hatten die Katholische Erwachsenenbildung und die Katholische Akademie Rabanus Maurus am Samstag, 21. März, unter dem Titel „Wer, was, wo ist Gott?“ zur Spurensuche eingeladen. Der Referent, Dr. Stefan Scholz, spannte kenntnisreich und mitreißend den Bogen weit von den Alten Meistern bis zum Kunst-Kosmos eines Joseph Beuys. Die Unterschiede zwischen den beiden Welten spiegelten sich in der Musik wieder: zu den Alten Meistern trugen Esther Esch (Blockflöte) und Stefanie Hasenbiller (Akkordeon) alte Passions- und Ostermusik vor, zu Beuys erklangen moderne Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts. Dass es auch Verbindendes im Anspruch auf ganzheitliche Welt- und Lebensdeutung gibt, war eine der vielen Erkenntnisse, die die Teilnehmer mit nach Hause nehmen konnten.

Die Macht der Liebe

Die vier mittelalterlichen Bildtafeln, die am Vormittag betrachtet wurden, kreisen alle um den „Tod als ernstesten Fall des Lebens“, so Stefan Scholz. Sein Thema war dennoch die Liebe und ein Gott, der die Menschen das Lieben lehren wolle. Für ihn kein Widerspruch, gehe es doch zum Beispiel bei der Erweckung des Lazarus um die alles entscheidende Frage: „Hat die Liebe die Macht, die Herrschaft des Todes, in der Krankheit vorgezeichnet, zu überwinden?“ Wenn der Tod alles vernichte, sei auch alles sinnlos, damit sei dies die „Nagelprobe christlichen Glaubens“. Der Mensch auf der Suche nach Gott sei gezeichnet wie Lazarus, von Erfahrungen von Sinnlosigkeit, von Krankheit, von Tod ? und wer an einen Gott der Liebe glaube, werde dünnhäutig gegenüber allen Formen der Lieblosigkeit.

Stabat Mater

Der Mensch brauche den anderen, um zu sich selbst zu kommen, aber der andere stehe zugleich nicht in seiner Verfügungsgewalt, bleibe fremd ? auch Maria, deren Abschied von ihrem Sohn eine der Bildtafeln thematisiert, habe ohnmächtig das Fremde in ihrem Sohn akzeptieren müssen. Ihren Schmerz angesichts seines Todes fasst das mittelalterliche Gedicht „Stabat mater“ in Worte, das von der Schauspielerin Juliana Fuhrmann ausdrucksstark ? wie alle Texte des Tages ? vorgetragen wurde. Die letzte der Tafeln, so Scholz abschließend, die Begegnung von Jesus mit dem ungläubigen Thomas, mache alle anderen Bilder von Tod, Verlassenheit, Lieblosigkeit erst anschaubar: „Wenn der Liebende lebt.“ Dann sei der Liebe zu vertrauen und damit Gott.

Das Leben als Einheit

Alltagsgegenstände, Politik, Technik, Heilkunde, Zerstörendes, Aufbauendes: Im Beuys-Saal ist der Besucher konfrontiert mit dem Werk eines Künstlers, der alles für kunstwürdig hielt und der sich dafür aus dem gesamten Panoptikum der Kunst bediente. Beuys habe ein Zeichensystem zur Verfügung stellen wollen, dass es erlaube, das Leben mithilfe der Kunst als Einheit zu erfahren und neu zu deuten, sagte Scholz. Der Referent selbst fesselte seine Zuhörer zu guter Letzt noch mit einem kurzen, erhellenden Streifzug durch die  Gedankenwelt von Nietzsche, Rudolf Steiner und Eugen Drewermann, und sprach freimütig darüber, was ihn persönlich an seinem Glauben an einen personalen Gott festhalten lasse. „Für mich einer der Höhepunkte dieses Tages“, bedankte sich einer der  Teilnehmer.

Gott - brisant und präsent

Der Thementag ist Teil der Veranstaltungsreihe „Gott ? brisant und präsent“, die das ganze Jahr über im Museum, aber auch in Theater, Literaturhaus und Kino nach den Spuren sucht, die die Gottesfrage im künstlerischen Schaffen hinterlassen hat. Weitere Informationen dazu bei der Katholischen Erwachsenenbildung Wiesbaden, Friedrichstr. 26-28, Tel 0611 174-120, <link http: www.keb-wiesbaden.de _blank>www.keb-wiesbaden.de. Hier steht der <link file:20159 flyer gott brisant und präsent>Flyer zum Download bereit. (rei)   

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