19.03.2014
Trend zu ethischen Geldanlagen stärkt Oikocredit
FRANKFURT.- Immer mehr Anleger möchten mit ihrem Kapital etwas Positives bewirken. Besonders wichtig ist ihnen dabei laut einer aktuellen Forsa-Umfrage die Armutsbekämpfung. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Jahresbilanz 2013 der internationalen Genossenschaft Oikocredit, die am Mittwoch, 19. März, im Haus am Dom in Frankfurt vorgestellt wurde.
Über die deutschen Oikocredit-Förderkreise legte eine wachsende Zahl von Anlegern mehr Geld bei Oikocredit an als je zuvor. Das berichtete Geschäftsführer Matthias Lehnert bei der Bilanzpressekonferenz. Mehr als 21.700 Menschen und Institutionen aus Deutschland investierten im Jahr 2013 bei Oikocredit; das sind sechs Prozent mehr als 2012. Mit einem Netto-Kapitalzufluss von 42 Millionen Euro erreichte das Anlagekapital der deutschen Oikocredit-Förderkreise im Berichtszeitraum 299 Millionen Euro, 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit kommen die meisten Anleger der internationalen Genossenschaft aus Deutschland, und sie haben im internationalen Vergleich auch die größte Summe investiert, das sind 48 Prozent des verfügbaren Darlehenskapitals.
Ethische Geldanlagen für Kirchen und Gemeinden
Oikocredit gilt als Pionier der nachhaltigen Geldanlage. Die Genossenschaft wurde 1975 auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen gegründet, um für Kirchen und kirchliche Organisationen ein Instrument für ethische Geldanlagen zu schaffen. Auch das Bistum Limburg und katholische Gemeinden beteiligen sich seit vielen Jahren an Oikocredit. Mittlerweile sind die Mehrheit der Anleger allerdings Privatpersonen.
Oikocredit vergibt Kredite und Kapitalbeteiligungen an Mikrofinanzinstitutionen, Genossenschaften und andere sozial orientierte Unternehmen in Entwicklungsländern. Diese Partner schaffen Arbeitsplätze, fördern Entwicklung und eröffnen Menschen Chancen auf wirtschaftliche Eigenständigkeit. Dank der guten Entwicklungen konnte Oikocredit im Jahr 2013 die Finanzierungen ihrer Partnerorganisationen in Entwicklungs- und Schwellenländern um elf Prozent auf 591 Millionen Euro steigern, wie Kreditdirektor Florian Grohs von Oikocredit International berichtete. Oikocredit vergebe Darlehen und Kapitalbeteiligungen dort, wo sie besonders hohe soziale und entwicklungsfördernde Wirkungen entfalten, also an Organisationen in Regionen wie Afrika und Lateinamerika und in Bereichen wie Mikrofinanz und Landwirtschaft.
Die Genossenschaft erzielte 2013 einen konsolidierten Nettoerlös von 13,4 Millionen Euro. 11,6 Millionen Euro wurden als Dividende vorgeschlagen, die von der Oikocredit-Generalversammlung im Juni 2014 bewilligt werden muss.
Drei Millionen Euro für Beratung von Partnern
Das Ziel, Entwicklung zu fördern, verfolgt Oikocredit nach Angaben von Ging Ledesma, der Direktorin für soziales Wirkungsmanagement und Finanzanalyse bei Oikocredit International, nicht nur mit Finanzierungen. Denn oft reiche Geld allein nicht aus. Daher habe Oikocredit 2013 zusätzlich rund 3 Millionen Euro bereitgestellt für Weiterbildungen, Organisations- und Personalentwicklung und andere Maßnahmen bei den Partnerorganisationen. „Damit finanzieren wir zum Beispiel Fachleute, die Mikrofinanzorganisationen dabei beraten, ihr Angebot besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zuzuschneiden“, erläuterte Ledesma. „Zudem unterstützen wir unsere Partner dabei besser zu überprüfen, ob sie mit ihrer Arbeit die gewünschten sozialen Wirkungen bei der benachteiligten Bevölkerung erreichen.“
Ausblick: stärkeres Engagement in ländlichen Regionen
Besonders das Engagement in ländlichen Regionen der Entwicklungsländer will Oikocredit noch intensivieren. Denn dort lebt weltweit die größte Zahl von Menschen in Armut. 2014 sollen allein 27 Millionen Euro neuer Darlehen im Bereich Landwirtschaft vergeben werden ? mit einem Schwerpunkt auf kleinbäuerlichen Genossenschaften und ländlichen Wertschöpfungsketten. Denn sollen Arbeitsplätze und eine bessere Lebenssituation für die ländliche Bevölkerung entstehen, geht es nicht nur um bessere Ernten. Es muss auch in die Verarbeitung der Erzeugnisse vor Ort und in eine bessere Vermarktung investiert werden.
Ein Beispiel aus Afrika
Als Beispiel für einen solchen Aufbau einer Wertschöpfungskette nannte Ledesma die Zusammenarbeit von Oikocredit und der kenianischen Mikrofinanzorganisation Molyn Credit. Oikocredit habe Molyn Credit dabei beraten, passende Angebote für die Landbevölkerung zu entwickeln: „Nach einer Befragung von Kleinbauernfamilien legte Molyn Credit in einer Pilotregion ein Programm zum Aufbau einer Milchwirtschaft auf. Das geht weit über übliche Mikrokredite hinaus: Als Kredit bekommen die Kleinbauernfamilien eine Milchkuh, aber auch Schulungen und laufende Beratung.“ Parallel wurde die Infrastruktur aufgebaut: Ein neues Vermarktungszentrum organisiert nicht nur den Vertrieb der Milch, sondern bietet auch Futter, Medikamente, Versicherungen und tierärztliche Betreuung. Bislang beteiligen sich bereits 700 Kleinbäuerinnen und -bauern. Sie konnten ihr Einkommen verbessern und neue Arbeitsplätze in der Milchproduktion schaffen.