18.11.2014
Zwischen Optimismus und vorsichtigem Optimismus
FRANKFURT.- Die ausgewiesenen Kirchenexperten auf dem Podium schwanken nur leicht zwischen Optimismus und vorsichtigem Optimismus, wenn es um die Lage der katholischen Kirche nach der römischen Bischofssynode vom Oktober geht: Lediglich der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier ist verhalten skeptisch im Blick auf die erste Runde der Debatte um Ehe und Familie, wiewohl er zugesteht: „Das Problem ist nicht das Kirchenrecht, problematisch sind die theologischen Fragen. Das Recht haben wir dann schnell geändert.“
Was die Theologie angeht, wenn es um die Unauflöslichkeit der Ehe, die Akzeptanz von Homosexualität, den Primat des Papstes oder ganz allgemein das Anerkenntnis moderner Lebensentwürfe in der westlichen Welt geht, zeigten sich dann aber doch Unterschiede beim Domgespräch am Montag, 17. November, im Frankfurter Haus am Dom. Während der bekannte Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner vehement für eine neue Theologie der Barmherzigkeit stritt, plädierte der Dogmatiker Markus Knapp aus Bochum für eine „katholische Weltkirche der verschiedenen Geschwindigkeiten“. Auch eine gute neue Theologie der Schöpfung, die sich darin übt, mit dem umzugehen, was sie in der Welt vorfindet, wurde ins Gespräch gebracht. FAZ-Redakteur Daniel Deckers warnte, die Kirche dürfe die Diskussion über Sexualität nicht zur Obsession werden lassen.
Ein Problem der Weltkirche sind allerdings, da waren sich die Diskutanten einig, die kulturellen Ungleichzeitigkeiten etwa zwischen der Kirche in Afrika und in Europa. Auf allen Kontinenten gebe es ganz unterschiedliche Probleme, denen sich die Seelsorge individuell stellen müsse. Als „Megaproblem des Papstes“ nannte Zulehner denn auch die notwendige „Dezentralisierung der Pastoral“. Und in der Tat, so stimmte Kirchenrechtsexperte Bier zu, sei in der Weltkirche weder ein „Kirchenrecht für alle, noch eine Theologie für alle“ notwendig. Allerdings: „Verschiedene Wahrheiten für alle? Das geht nicht!“ Dem schloss sich auch der Dogmatiker an. Die Lehre dürfe nicht zur Disposition gestellt werden, einer Weiterentwicklung aber auch nichts im Wege stehen, unterstrich Knapp.
Dabei darf die Kirche nach Biers Ansicht allerdings nicht den Fehler begehen, „immer gleich alles zur `ewigen Wahrheit` zu erklären“. Damit verstelle man sich von vorneherein die Möglichkeit, Debatten zu führen. Auf den Papst jedenfalls komme noch viel Arbeit zu bis zur zweiten Runde der Familiensynode im Herbst 2015. Und auch wenn Franziskus Kollegialität und Synodalität in seinem Pontifikat stark aufwerte, so sei es doch zuletzt der Papst, der entscheide: „Alles hängt am Papst“, wie Kirchenrechtler Bier das katholische Prinzip auf den Punkt brachte. (dw)