16.03.2015
"Kopftuchurteil" stärkt positive Religionsfreiheit
FRANKFURT.- Der Staat darf muslimischen Lehrerinnen an öffentlichen Schulen das Tragen eines Kopftuches nicht pauschal untersagen. Nach einem am Freitag veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in Karlsruhe müssen für ein Kopftuchverbot künftig konkrete Gründe, etwa eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben an Schulen, genannt werden. Der Islambeauftragte des Bistums Limburg, Prof. Joachim Valentin, Direktor des katholischen Bildungszentrums Haus am Dom in Frankfurt, nannte das Urteil in einer ersten Stellungnahme überfällig. Es sei ein wichtiges Signal für die positive Religionsfreiheit, dass ein religiöses Bekenntnis im öffentlichen Raum Platz finden dürfe.
Wie Valentin betonte, reagiert das Urteil auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland. 2003 hatten mehrere Bundesländer nach einem entsprechenden Urteil aus Karlsruhe noch Gesetze erlassen, die Beamten das Tragen von Kleidungsstücken, mit denen sie ihren Glauben zum Ausdruck bringen, untersagten. Mittlerweile zeige sich aber, dass es viele gut ausgebildete, der deutschen Gesellschaft zugewandte Frauen gebe, die sich trotzdem entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Das sei, so Valentin, „kein politisches Signal, sondern Ausdruck einer religiösen Haltung, die es zu respektieren gilt“. Ihnen die Integration zu verweigern, indem sie an der Ausübung bestimmter Berufe gehindert werden, sei fatal.
Auch die Deutsche Bischofskonferenz begrüßt das Urteil aus Karlsruhe und hebt hervor, dass das Gericht die „weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates nicht im Sinne einer strikten, distanzierenden Trennung von Staat und Kirche versteht, sondern als eine offene Haltung, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördert.“