07.07.2016

Jura-Professor: Glaube muss nicht verfassungskonform sein

Rat der Religionen diskutierte im Haus am Dom

FRANKFURT.- Religionsfreiheit bedeutet auch die Freiheit, ein religiöses Weltbild zu haben, das der freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung widerspricht, sagt der Kölner Jura-Professor Hans Markus Heimann. Unter dem Motto „Wie viel Religion verträgt Frankfurt?“ hatte der Frankfurter Rat der Religionen am Mittwoch, 6. Juli, zu einem Podium ins Haus am Dom, Domplatz 3, eingeladen.

Wenn man das große Publikumsinteresse von Angehörigen vieler verschiedener Glaubensrichtung an dem Thema als Indikator nimmt, gibt es eigentlich nur eine Antwort: Frankfurt verträgt offenbar jede Menge Religion. Welches aber sind die Voraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens der Religionsgemeinschaften am Main und anderswo in Deutschland?

Darüber diskutierten im Haus am Dom neben dem Kölner Juristen Hans Markus Heimann, Autor des Buches „Deutschland als multireligiöser Staat. Eine Herausforderung“, die Journalistin Khola Maryam Hübsch, Mitglied der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde, und Michael Boddenberg, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag. Der stellvertretende Vorsitzende des Rates der Religionen und Direktor des Hauses am Dom, Joachim Valentin, trat als Moderator an.

Religiöse Symbole in Schulen?

Wie weit sollte der Staat in die Ausübung der Religion eingreifen? Sollen die Beschneidung oder die Burka verboten werden? Kopftuch oder Kruzifix ? die Frage, ob religiöse Symbole in Schulen benutzt werden sollten, war nur eine von vielen, die sich im voll besetzten Saal im Herzen der Frankfurter Altstadt stellten.

Hans Markus Heimann zeigte in seinem Vortrag, wie brisant das Verhältnis zwischen Religion und Staat in Deutschland heute schon ist. Und er entwickelte Vorschläge, wie die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit in der Praxis gestaltet werden kann: „Nur ein multireligiöser Staat kann der wachsenden religiösen Vielfalt in Deutschland gerecht werden und ein friedliches Zusammenleben garantieren.“ Es gebe durchaus auch die Freiheit, „ein religiöses Weltbild haben zu können, das der freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung widerspricht“. Zwar seien geltende Gesetze natürlich einzuhalten. Aber ein Glaube sei auch dann geschützt, wenn dessen Lehren nicht verfassungskonform seien. So kommt er für den islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen dennoch zu der Einschätzung, dass der Staat an dieser Stelle sehr wohl Verfassungstreue verlangen dürfe.

Khola Maryam Hübsch studierte Publizistik, Psychologie und Germanistik in Mainz. Sie hält regelmäßig Vorträge und Kurse über den Islam und schreibt für deutsche Zeitungen sowie muslimische Magazine zu den Themen Islam und Toleranz, Islam und Aufklärung, Liebe und Partnerschaft im Islam. Sie warb auf dem Podium dafür, in der Diskussion die Ebenen nicht zu vermischen. Auf der einen Seite sieht sie das Grundgesetz, das die allermeisten Muslime sehr schätzten, und das Minderheiten schütze. Auf der anderen Seite gebe es einen öffentlichen Diskurs, der Ängste vor dem Islam schüre. „Wenn Muslime Rechte einfordern, dann sind das keine Sonderrechte.“

Michael Boddenberg sprach sich für einen zurückgenommeneren Umgang mit dem Thema aus. „Vieles, was juristisch ein Problem scheint, ist es im täglichen Umgang von Christen und Muslimen gar nicht.“ Oft ließen sich pragmatische Lösungen finden, ob es nun um das Kopftuch am Arbeitsplatz oder den Schwimmunterricht für muslimische Schülerinnen gehe. „Mit etwas gutem Willen geht ganz vieles.“ (evangelisches Frankfurt/ef)

Zum Anfang der Seite springen