08.01.2016

O = Frankfurt

Zeitzeugendokumentation ohne Zeitzeuge im Haus am Dom

FRANKFURT.- Es ist eine Zeitzeugendokumentation ohne den wichtigen Zeitzeugen ? und damit ein Zeugnis der schwierigen Erinnerungsarbeit an die Grausamkeiten im Zweiten Weltkrieg: Während es mehr als 70 Jahre nach Kriegsende nur noch wenige Zeitzeugen gibt, bleibt die Verpflichtung zur Erinnerung und Mahnung. In diesem Zwiespalt bewegt sich die Ausstellung „o = Frankfurt. Eine Zeitzeugendokumentation ohne Zeitzeuge“, die ab Donnerstag, 14. Januar, im Haus am Dom zu sehen ist. Der Vernissage um 18 Uhr schließt sich eine Soirée an zum Thema „Erinnerung ohne Zeugen“ (19.30 Uhr), bei der Deborah Krieg von der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Philipp Neumann-Thein von der Gedenkstätte Buchenwald, Andreas Dickerboom vom Verein „Gegen Vergessen ? für Demokratie“ und die Frankfurter Künstlerin Margarete Rabow sprechen. 

Margarete Rabow setzt sich seit 2010 künstlerisch mit der Geschichte des KZ Katzbach in den ehemaligen Adlerwerken im Frankfurter Stadtteil Gallus auseinander. Angeregt vom Schicksal ihres jüdischen Großvaters dokumentiert sie das unvorstellbare Leid der Häftlinge, die in den letzten Kriegsmonaten hier zusammengetrieben wurden, um den Rüstungsbetrieb aufrecht zu erhalten. Von den rund 1600, meist polnischen Männern überlebten nur etwa 50. Allein 528 Gefangene kamen in den sieben Monaten zu Tode, in denen das Lager bestand. Sie sind auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben.  

An sie erinnert Rabow immer wieder mit Aktionen in Frankfurt. In der Ausstellung im Haus am Dom werden Filme dieser Aktionen gezeigt. Im Mittelpunkt stehen Originaldokumente und Listen der Männer, die aus dem KZ Buchenwald auf verschiedene Lager verteilt wurden. Dabei steht das Zeichen o vor den Nummern, die die Häftlinge bezeichnen, für die Verschleppung nach Frankfurt in das Lager Katzbach. Auf einem 14 Meter langen Banner in der Lichtfuge des Hauses sind die Namen der Toten verzeichnet, die auch in einer Audio-Installation im Treppenhaus verlesen werden. Dazu hat Rabow den Bericht des Zeitzeugen Janusz Garlicki (1923-2015) verarbeitet, einer der wenigen Überlebenden, der seine Lagererinnerungen 2010 veröffentlich hatte und bis zu seinem Tod im vergangenen März das Gespräch mit deutschen und polnischen Jugendlichen, unter anderem in der Gedenkstätte Buchenwald, suchte. (dw)

Die Ausstellung „o = Frankfurt“ ist vom 15. Januar bis zum 10. Februar im Haus am Dom, Domplatz 3, in Frankfurt zu sehen. Geöffnet ist sie Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, am Wochenende von 11 bis 17 Uhr, bei Abendveranstaltungen bis 21 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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