09.09.2016

Suizid - keine Trauer wie jede andere

Ausstellung gegen die Mauer des Schweigens

FRANKFURT.- Suizid ist der Tod, über den man nicht spricht. Er trifft nicht nur den Menschen, der keinen anderen Ausweg sieht als die Selbsttötung, sondern auch Angehörige und Freunde, die oft von Gefühlen wie Schuld, Scham, Ohnmacht und sogar Wut heimgesucht sind, die ihnen kaum jemand nehmen kann.

"Suizidprävention ist dringend nötig", sagt dazu Walter Kohl, Schirmherr von FRANS (Frankfurter Netzwerk Suizidprävention), der sich nach der Selbsttötung seiner Mutter Hannelore 2001 ehrenamtlich in der Suizidprävention engagiert: "Suizidprävention müsste wie ein gesellschaftlicher Airbag wirken", betont er. Den Hinterbliebene fehle es, dass sie ihre Gefühle nicht teilen könnten, weil sie vielfach Misstrauen und Abwehr begegneten. In seinem Fall seien auch der Druck einer "teilweise rabiaten Öffentlichkeit" sowie Ignoranz und Voyeurismus so belastend gewesen, dass er selbst lange den Gedanken an Selbsttötung nicht abschütteln konnte.

Suizid ist tabuisiert

Nach Ansicht Kohls können aber Verständnis, Wissen und Erfahrung, die Arbeit von Selbsthilfegruppen und eine Plattform, auf der Betroffene ihre Erfahrungen teilen können, helfen, die Suizidrate zu senken. "Wenn wir es schaffen, die Selbsttötung zu enttabuisieren, wie es vor Jahrzehnten mit der Diagnose krebs gelungen ist, würde das sicher vielen gefährdeten Menschen helfen."

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass sich weltweit jährlich etwa 800.000 Menschen selbst töten. In Deutschland liegt die Zahl bei etwa 10.000 Menschen. Verglichen mit der Zahl der Verkehrstoten ist demnach die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch, einen nahen Menschen durch Suizid zu verlieren. Etwa sechs Menschen aus dem näheren und rund 14 aus dem weiteren Umfeld bleiben Schätzungen zufolge fassungslos und leidend zurück.

Wanderausstellung informiert

Eine Wanderausstellung bietet deshalb Informationen und Wissenswertes zu Selbsttötung und der schweren Trauer, die nahestehende Menschen danach erfasst. Zu sehen ist die Ausstellung "Suizid - keine Trauer wie jede andere" vom 9. bis 18. September im Haus am Dom, Domplatz 3, in Frankfurt. Die Schau wurde konzipiert, um die Todesart Suizid und die Trauer der Hinterbliebenen ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, zu informieren und zu enttabuisieren. Sie bietet Informationen für all jene, die sich aus beruflichen oder persönlichen Gründen mit dem Tabuthema Suizid auseinandersetzen. Außerdem will sie dazu beitragen, die Situation der Hinterbliebenen kennen zu lernen. Während der Ausstellungsdauer stehen deshalb täglich von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 17 Uhr Betroffene als Ansprechpartner zur Verfügung.

Getragen wird die Ausstellung von AGUS ? Angehörige um Suizid e.V., eine bundesweite Selbsthilfeorganisation für Trauernde, die einen nahe stehenden Menschen durch Suizid verloren haben, und FRANS, dem Frankfurter Netzwerk Suizidprävention, sowie dem katholischen Bildungszentrum Haus am Dom.

Rahmenprogramm:
Samstag 10.9.2016, 11.00 Uhr FRANS-Infostand, Hauptwache
Samstag 10.9.2016, 18.00 Uhr ökumenischer Gedenkgottesdienst, Alte Nikolaikirche am Römer
Sonntag 11.9.2016, 11.30 Uhr Matthias Keller, Text-Musik-Performance „Lebensmüde-Sterbenswach“, Stalburgtheater, Glauburgstr. 80, Ffm
Samstag 17.9.2016, 15.00 Uhr, Chris Paul, Autorin und Trauerbegleiterin, Vortrag „Schuld-Macht-Sinn“, Haus am Dom
Kontakt zur AGUS-Gruppe in Frankfurt: Telefon 069 ? 94 59 94 04 oder E-Mail agus-frankfurt@web.de

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