28.06.2017
Eine Brücke von 794 in die Gegenwart
FRANKFURT.- Eine vertikale Kunststation, die über drei Stockwerke reichen und den Bogen von der ersten Frankfurter Synode im Jahr 794 bis in die Gegenwart schlagen soll: Das sind die Pläne der Stadt Frankfurt für ein ökumenisches Kirchenmuseum am Rande der neu entstehenden Altstadt vis à vis vom Kaiserdom St. Bartholomäus und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Haus am Dom, dem Kulturzentrum des Bistums Limburg in Frankfurt.
Der städtische Kirchendezernent Uwe Becker stellte das Grobkonzept am Mittwoch, 28. Juni, vor. Am Ort der historischen Kaiserpfalz und der Synode von 794, als Frankfurt erstmals urkundlich erwähnt wurde, trage das Museum der „christlichen Tradition unserer Stadt, aber auch der kulturgeschichtlichen Bedeutung Frankfurts auf europäischer Ebene Rechnung“, betonte Becker. Die Pläne seien mit der katholischen und evangelischen Kirche abgestimmt. Der Frankfurter Kunsthistoriker Pascal Heß konnte mit seinen Ideen für eine teilweise museale Nutzung des Stadthauses über dem Archäologischen Garten die Ausschreibung für ein ökumenisches Kirchenmuseum für sich entscheiden.
Säule über drei Stockwerke
Vorausgegangenen waren mehrjährige Überlegungen, ob das Stadthaus, das im Zuge der Neuerrichtung der Frankfurter Altstadt entstand, als Museum genutzt werden könnte. So gab es zunächst Pläne, das Ikonenmuseum hierher umzusiedeln. Da aber zunächst ein Raumkonzept fehlte, schied eine museale Nutzung, die andere Gegebenheiten erfordert hätte, aus. Das Haus, vor allem der große Saal im ersten Stock, wird künftig für Veranstaltungen vermietet.
Heß plant für sein Museum nun mit einer „Säule über drei Stockwerke“: Besuchern eröffnet sich an diesem Gründungsort der Stadt im Erdgeschoss ein Blick auf den Archäologischen Garten, eine Lichtinstallation sowie szenische Darstellungen im Treppenhaus und im Aufzug geleiten sie in das zweite Stockwerk. Dort soll in einem kleinen Raum die Geschichte der Synode dargestellt werden, zu der Karl der Große vor 1200 Jahren wichtige Kirchenvertreter des Fränkischen Reichs ? Bischöfe und Priester aus dem Frankenreich, aus Aquitanien, Italien und aus der Provence ? zusammenrief. Erörtert und verhandelt wurden damals zentrale geistliche und politische Fragen, die in 56 Beschlüssen gipfelten.
Installation von Chiharu Shiota zur Eröffnung 2018
Die damals verhandelten Fragen sollen in einem größeren Giebelraum mit zeitgenössischer Kunst kontrastiert werden, die sich gegenwärtig bedeutsamen gesellschaftlichen, politischen oder religiösen Fragen widmen. Spirituelle Aspekte auch nicht-religiöser Werke könnten hier ungeahnte Aktualität schaffen, hofft Heß. Damit werde ein Kristallisationspunkt der Frankfurter Kulturlandschaft von 794 bis heute entstehen, zeigte sich Becker überzeugt.
Für die erste Ausstellung plant Heß zur Eröffnung der Kunststation im Sommer 2018 eine Netzwerk- Installation von Chiharu Shiota, die 2015 den japanischen Pavillon auf der Biennale gestaltet hatte. In ihrem raumfüllenden Gespinst aus roter Wolle webt sie Erinnerungsstücke ein, sodass eine Vitrine mit einer Reliquie und unterschiedliche historische Ausstellungsstücke miteinander verbunden sind.
Verdeutlicht werde damit das religiöse Netzwerk und die Erinnerungskultur rund um die Synode mit der Kirche als leitende Infrastruktur, so Heß. Die künftigen Wechselausstellungen sollen in enger Zusammenarbeit mit den Kirchen und den Frankfurter Museen, natürlich auch dem Dommuseum, entstehen. (dw)