20.01.2017
Frohe Botschaft als Kompass
FRANKFURT.- Ein Ort des Nachdenkens und der Debatte, der Kunst und der Religion, ein katholisches Ausrufezeichen in der Stadt Frankfurt ? die Attribute, die dem Haus am Dom mit seiner Katholischen Akademie Rabanus Maurus zum zehnjährigen Bestehen angeheftet wurden, waren so vielfältig und bunt, wie das Programm, das hier seit Januar 2007 angeboten wird. Gut 4.000 Veranstaltungen mit rund 170.000 Teilnehmern kann sich Gründungsdirektor Joachim Valentin allein mit der Akademiearbeit auf die Fahnen schreiben. Etwa 150 Gäste aus Kultur und Kirchen, Politik und Stadtgesellschaft kamen am Freitag, 20. Januar, zur Jubiläumsfeier in das Haus am Dom.
Festrednerin Gesine Schwan, Politikwissenschaftlerin und kritische Katholikin, rief die Akademie dazu auf, mit Überzeugungskraft in die Gesellschaft hineinzuwirken. Der katholische Beitrag zur „Selbstverständigung einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft“ sei nicht hoch genug einzuschätzen. „Wir brauchen den Kompass der Frohen Botschaft“, unterstrich die Wissenschaftlerin, die mit 21 Jahren selbst entschied, sich taufen zu lassen. Bei aller gesellschaftlichen Vielfalt zu erkennen, dass allen Menschen die gleiche Würde eigen sei, „dass sie alle Kinder Gottes sind“, könne Gerechtigkeit und Solidarität befördern. Dies sei umso wichtiger in einer Zeit, in der Markt und Wettbewerb Gerechtigkeit und Solidarität für obsolet erklärten.
Kirchen halten Kurs in der Flüchtlingspolitik
Die „Unterwerfung der Menschen unter ökonomische Rentabilitätsgesetze“ führe zu einer Entwertung, zeigte sich die Politikwissenschaftlerin überzeugt. Sie sei der Hauptgrund für die Wut vieler Bürger, die sich instrumentalisiert und nicht anerkannt fühlten: „Viele Menschen vermissen da die Zeugenschaft der Kirchen, dass jeder Mensch seinen Wert hat, vor Gott und in der Welt.“ Für „allumfassende Solidarität und Gotteskindschaft“ stehe aber gerade die katholische Kirche. Sie halte „Kurs in der Flüchtlingspolitik“ und habe ein ungeheures Maß an Hilfsbereitschaft gerade in den Pfarreien erzeugt: „Die katholische Kirche gehört zu den letzten Felsen in der Brandung in einer von ökonomischem Wettbewerb geprägten Gesellschaft“, so Gesine Schwan. Die vom Glauben getragene Zuversicht in die Öffentlichkeit zu tragen, sei deshalb auch vornehmste Aufgabe der katholischen Akademien.
Auch Kirchendezernent Uwe Becker gratulierte der Akademie zum Jubiläum, das insgesamt 60 Jahre Akademiearbeit im Bistum Limburg umfasst. Die enge Partnerschaft von Kirche und Stadt Frankfurt sei befruchtend für die Stadtgesellschaft. „Wir brauchen solche Häuser der Diskussion, wo wir uns auf unsere gemeinsamen Werte besinnen können“, hob er hervor.
Leuchtturm der Anwesenheit Gottes in der Weltstadt
Weihbischof Thomas Löhr unterstrich, das Haus am Dom sei ein offenes Haus, „und doch erkennbar ein christliches Haus“. Hier werde Kirche in der Großstadt exemplarisch gelebt, in diesem „Leuchtturm einer engagierten Anwesenheit des Wortes Gottes in der Weltstadt Frankfurt“. Hier fänden Menschen eine geistige Heimat, bekämen Anregung und Information und erlebten Kritik und Selbstkritik. Sich den „Mühen der Vielfalt“ zu unterziehen, sei gerade in der heutigen Zeit der Vereinfachung eine prophetische Aufgabe.
Der Direktor des Hauses am Dom, Joachim Valentin, hatte zuvor die Erfolgsgeschichte der Katholischen Akademie Rabanus Maurus umrissen, die im Januar 1957 zunächst in Wiesbaden gegründet worden war. 2007 wurde sie in das Haus am Dom integriert und im früheren Hauptzollamt der Stadt Frankfurt zu einem über die Stadtgrenzen hinausweisenden Anziehungspunkt für Debatten, Vorträge, Filme, Ausstellungen, Bildungsangebote, kulturelle, interreligiöse und politische Diskurse. (dw)
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