Die radikale Idee, dass Frauen Menschen sind
FRANKFURT.- Feminismus sei eigentlich nichts anderes als die „radikale Idee, dass Frauen Menschen sind“: Sister Florence Deacon sagt es mit einem Schmunzeln, aber dass es ihr und ihren rund 46.000 US-amerikanischen Mitschwestern mit dieser Aussage ernst ist, dafür steht ihr beharrlicher Einsatz für die Rechte der Frauen, den die Ordensleute seit 160 Jahren in den Vereinigten Staaten ausfechten.
Sister Florence, eine Franziskanerin, ist die Präsidentin des Dachverbandes katholischer Ordensgemeinschaften (Leadership Conference of Women Religious - LCWR) in den USA. Am Dienstagabend, 23. April, kam sie ins Haus am Dom, um vom Engagement der amerikanischen Ordensfrauen, von der lebendigen spirituellen Kraft, die ihre Arbeit trägt, aber auch von ihren Konflikten mit Rom und den Bischöfen zu berichten. In Luzern hatte die Schwester zuvor den Herbert-Haag-Preis für Freiheit in der Kirche entgegengenommen.
„Auch Jesus Christus war Feminist“, ist sich die Ordensfrau sicher. Dafür müsse man nur die Bibel genau lesen. In Jesu Nachfolge bemühten sich ihre Mitschwestern darum, als moderne Prophetinnen ihren Glauben zu verkünden und den Zeichen der Zeit heute zu folgen. Im Kampf für Bürgerrechte und aktiv in der Antikriegsbewegung hätten die katholischen Frauenorden in den USA sich immer bemüht, die Interessen der „Verwundbaren und Verwundeten“ zu vertreten und ihr Schicksal den Verantwortlichen in der Politik zu verdeutlichen. Wichtiges Leitmotiv sei ihnen dabei die im Zweiten Vatikanischen Konzil seit 50 Jahren erwünschte Öffnung der Kirche zur Welt. In diesem Bestreben, die Beziehungen zwischen Kirche und Welt zu verbessern, sehen sich die Schwestern auch von den Päpsten Benedikt und Franziskus unterstützt.
Papst Franziskus erste Worte und Taten, die sich an Frauen richteten, wertete Sr. Florence als Hoffnungszeichen, dass auch ihm „sehr bewusst ist, dass Frauen auch Menschen sind“. Es sei wünschenswert, wenn er auch Frauen in Leitungsfunktionen im Vatikan berufen würde. Frauen könnten in allen Entscheidungsgremien und auf allen Ebenen ihren Beitrag leisten und selbstverständlich auch Leitungsaufgaben wahrnehmen, zeigte sie sich überzeugt.
Gerade in den USA gibt es eine Vielzahl von katholischen Ordensfrauen, die als einflussreiche Theologieprofessorinnen hohe Kompetenzen erworben haben. Darauf wies die Theologin Aurica Nutt von der „Arbeitsstelle Feministische Theologie und Genderforschung“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Münster in ihrer Vorstellung des LCWR hin. Seit dem 18. Jahrhundert hätten katholische Nonnen am Aufbau der katholischen Kirche in den USA mitgearbeitet und gerade im Bereich der Bildung mit der Gründung von Schulen und Universitäten den Grundstein für das Selbstbewusstsein dieser Ordensfrauen gelegt. (dw)