Freiheit und Wahrheit gehören zum Geist Europas
FRANKFURT.- Freiheit und Wahrheit als christliche Werte bestimmen den Geist Europas. Darauf hat der Erzbischof von Dijon in Burgund (Frankreich), Roland Minnerath, am Samstag, 31. Januar, beim Karlsamt im Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus hingewiesen. Zwei Extreme aber seien mit dem Geist Europas nicht vereinbar: die Unterwerfung unter eine einzige aufgezwungene Ideologie, die die Freiheit des einzelnen angreife, und ein totales Vakuum an ethischen Werten und Sinn, das die Wahrheit gefährde.
„Wo Gott von der politischen Ordnung ausgeschlossen wird, wird wieder die weltliche Macht Alleinherrscher über die Menschen“, warnte der Erzbischof vor mehr als 1.000 Christen im überfüllten Dom. Heute müsse man schmerzlich erfahren, wohin „Werte ohne Hintergrund“ führen könnten. Ohne christliche Verkündigung hätte Europa niemals eine Gesellschaft mit moralischer Substanz und Gemeinsinn entwerfen können. Freiheit und Wahrheit seien Werte, die den Europäern nicht von Regierungen und Kaisern aufgezwungen werden könnten. „Der große Wunsch, die Menschen in Freiheit und Wahrheit zusammenzubringen, bedarf der Offenheit auf das Unendliche hin.“ Erst das Christentum als „immerwährende Quelle“ habe aus den europäischen Völkern eine geistliche Einheit geschmiedet.
Zur Freiheit gehört Verantwortung
Zuvor hatte der Erzbischof im Domgespräch im Haus am Dom darauf hingewiesen, dass zur Freiheit auch Verantwortung gehöre. Man dürfe Menschen nicht verspotten und demütigen und das, was ihnen heilig ist, in den Schmutz zerren. Dieser „Mangel an Verantwortung“ sei sehr bedenklich, sagte er im Blick auf die Anschläge in Paris, bei denen am 7. Januar 17 Menschen von Terroristen getötet worden waren.
Minnerath beklagte, dass die strenge Trennung von Kirche und Staat in Frankreich mittlerweile dazu geführt habe, dass die Menschen kaum noch etwas über die Religionen wüssten. Deshalb versuche die katholische Kirche, die religiöse Bildung wieder zu fördern. Mit „Mobilen Missionsmannschaften“ versuche er in seinem Erzbistum das Evangelium auf neuen Wegen zu verbreiten. In jeder Pfarrei gebe es eine solche Equipe Pastorale aus Priestern und Laien, die sich der Lehre, den Sakramenten und der Caritas widmeten.
Christliche Werte geben Kraft
Bei einem Empfang der Stadt Frankfurt für den Erzbischof sagte Kirchendezernent Uwe Becker, das friedliche Zusammenleben nicht nur in Frankfurt, sondern in ganz Europa müsse gerade jetzt besonders gefördert werden: „Es ist das Miteinander, das uns voranbringt und nicht das Gegeneinander.“ Der Gottesdienst zum Karlsamt trage dazu bei, „uns zu vergegenwärtigen, dass das Miteinander, Respekt und Toleranz im Vordergrund stehen müssen. Die christlichen Werte könnten in der derzeitigen Situation Kraft geben“, betonte Becker.
Das Karlsamt erinnert alljährlich an Karl den Großen, Patron der Stadt Frankfurt und des Kaiserdoms St. Bartholomäus. Es hat in Frankfurt eine mehr als 600 Jahre andauernde Tradition. Einen vergleichbaren Gottesdienst gibt es außer in Frankfurt am Main nur in der Karlsstadt Aachen. Der festliche Gottesdienst mit seiner einzigartigen Liturgie im Kaiserdom St. Bartholomäus, in dem im Mittelalter die deutschen Kaiser gewählt wurden, wird immer am letzten Samstag im Januar gefeiert.
Karl der Große, dessen Todestag sich am 28. Januar zum 1201. Mal jährte, gilt als Gründer Europas nach dem Ende des römischen Imperiums. Im Jahr 794 hatte er eine Reichssynode nach Frankfurt am Main berufen und so für die erste schriftliche Erwähnung der Stadt gesorgt. (dw)
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