Verzauberung als Anspruch und Herausforderung

Aschermittwoch der Künstler thematisiert die Kunst der Ausstellung

FRANKFURT.- Ein Bild betrachten, das Schildchen daneben lesen, es gar mit dem Handy fotografieren, und wissen, was man gesehen hat: So einfach macht es das Kolumba, Diözesanmuseum des Erzbistums Köln, seinen Besuchern nicht. Wer hierher kommt, sieht scheinbar unzusammenhängende Stücke, oft Reste, Überbleibsel, Kunstwerke, die ausgemustert wurden, weil ihnen etwas Entscheidendes fehlt, der Muttergottes die Arme, dem Jesuskind das Näschen. Doch wer sich darauf einlässt, erfährt mehr über die Menschheitsgeschichte, über 2000 Jahre Christentum und vielleicht über sich selbst, als in manch anderer hochgelobter Sammlung.

Der Direktor des Kolumba, Stefan Kraus, jedenfalls zeigte sich beim traditionsreichen Aschermittwoch der Künstler des Bistums Limburg überzeugt, dass nur so Kunst das Wunder in die so aufgeklärte Gegenwart transportieren kann. Sein 2008 eröffnetes Museum verzichtet gänzlich auf Beschriftungen. Orientieren muss sich jeder Besucher selbst. Die an den Werken fehlenden Beschriftungen und weit mehr Erläuterungen findet der Besucher allerdings in einem Kurzführer, den er als Eintrittskarte erhält. „Verzauberung als Anspruch und Herausforderung“ sei das Ziel des Konzeptes, das man seit den 90er Jahren für dieses ungewöhnlichen Museum über der Ruine der Kirche St. Kolumba in Köln mit ihrer Kapelle „Madonna in den Trümmern“ entwickelt habe.

Und so wurden keine Trümmer weggeräumt, alles verwendet, was noch vorhanden war, das „Neue auf den Schultern des Alten errichtet“, und so ein riesiger Geschichtsraum geschaffen. So werde Erinnerung aufgedeckt und Phantasie ins Spiel gebracht, die von dem Bau des Architekten Peter Zumthor mit seinem durchlässigen Mauerwerk noch akzentuiert werde, hob Kraus vor rund 200 Kunstschaffenden, Architekten und Bauleuten aus Hessen und Rheinland-Pfalz hervor. Eine eindrückliche Demonstration über die Kunst der Ausstellung und den Umgang mit den Dingen im Museum.  

Fastenzeit ist Zeit der Gnade

Beim anschließenden Pontifikalamt betonte Weihbischof Thomas Löhr im benachbarten Kaiserdom St. Bartholomäus, gerade im Angesicht von Katastrophen wie den Kriegen im Nahen Osten, dem Flüchtlingselend und den daraus folgenden Verwerfungen innerhalb der Gesellschaft verwandle Gottes Barmherzigkeit die Welt, „weil sie jede und jeden von uns verwandeln kann. Dafür ist jetzt die Zeit der Gnade.“

Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, das Papst Franziskus für 2016 ausgerufen hat, sei eine Zeit, „die Barmherzigkeit Gottes zu erfahren und sie zu feiern“. Die Fastenzeit sei eine Zeit der Gnade, die das den Gläubigen innerhalb des Heiligen Jahres bewusst mache, sagte Löhr. Die Barmherzigkeit Gottes wandle auch das Herz des Menschen so, dass er selbst barmherzig handle. Werke der Barmherzigkeit seien keine moralische Überforderung, „sie sind selber geschenkt und werden für andere zum Geschenk“. Gemeinsam mit dem emeritierten Weihbischof Gerhard Pieschl und den Jesuiten Stephan Kessler und Julian Halbeisen (Hochschule Sankt Georgen) teilte Löhr im Anschluss das Aschekreuz als Zeichen menschlicher Vergänglichkeit an die Gläubigen aus.

Die Kollekte des Aschermittwochs der Künstler geht an das Projekt „Schöpfungsgarten“. Dieser Permakultur-Garten wird im Rahmen der Flüchtlingsarbeit der Dompfarrei entstehen und gemeinsam von Flüchtlingen und Gemeindemitgliedern bewirtschaftet werden.

Paul Claudel begründete den Aschermittwoch der Künstler

Der Brauch des Aschermittwochs für Künstler geht auf den französischen Schriftsteller Paul Claudel (1868-1955) zurück. Ein mit Claudel befreundeter Kölner Stadtdechant hatte dessen Idee nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegriffen und sie erstmals 1950 von Paris nach Köln gebracht. Seither wird der Aschermittwoch der Künstler auch hierzulande gefeiert.

Mit dem Aschermittwoch beginnt in den christlichen Kirchen die siebenwöchige Fastenzeit bis Ostern. Sie erinnert an die 40 Tage, die Jesus vor seinem Tod fastend und betend in der Wüste verbrachte. In der katholischen Kirche werden an diesem Tag seit altersher die Palmzweige des Vorjahres verbrannt. Aus der so gewonnenen und gesegneten Asche zeichnen Priester den Gläubigen ein Aschenkreuz auf die Stirn. Es soll die Menschen an ihre Vergänglichkeit erinnern und sie zur Umkehr aufrufen. Dazu spricht der Priester die Worte „Gedenke Mensch, dass Du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“. (dw/hm)

Zum Anfang der Seite springen