Wo Katholiken exotisch sind

Der Bischof von Stockholm im Domgespräch

FRANKFURT.- Die meisten Katholiken in Schweden gibt es in intellektuellen Kreisen und im Gefängnis: Mit dieser überraschenden Erkenntnis hat der Bischof von Stockholm, Anders Arborelius, am Samstag, 30. Januar, im Frankfurter Haus am Dom für Erheiterung gesorgt. Im Domgespräch mit dem Direktor des Hauses, Joachim Valentin, erzählte Arborelius von der besonderen Situation einer Kirche in einem weitgehend säkularen Land und von den Herausforderungen, vor die Schweden ähnlich wie Deutschland in der gegenwärtigen Flüchtlingssituation gestellt ist.

Über die genaue Zahl der Katholiken in seiner Heimat kann der Bischof keine Auskunft geben. Eine offizielle Religionsstatistik kenne das Land nicht, das im Jahre 2000 das Staatskirchenrecht abgeschafft hat. Es hänge von jedem einzelnen ab, ob er sich als Katholik registrieren lasse. Knapp 113.000 Katholiken, darunter viele aus Polen, Kroatien, Lateinamerika und arabischsprachigen Ländern, sind nach Auskunft des Bischofs registriert: „Vermutlich ist die Zahl aber etwa doppelt so hoch.“ Die katholische Kirche in Schweden ist bunt: Sie besteht aus 122 verschiedenen Nationalitäten, darunter gibt es auch viele syrische und chaldäische Katholiken. 

Wachsendes Interesse an Spiritualität

Während es in den älteren Generationen noch viele Vorurteile gegen die katholische Kirche gebe, sei die Jugend zwar reserviert, aber durchaus interessiert am Glauben. Wie überhaupt nach Erkenntnis des Bischofs in dem „postprotestantischen Land“, das Religion offiziell kaum beachte, ein großes Interesse an Spiritualität bestehe. Exerzitien, Glaubenskurse, kontemplative Gemeinschaften, geistliche Literatur stießen auf großes Interesse. Und immer wieder kämen aus diesen Kreisen Menschen mit dem Wunsch zum katholischen Glauben zu konvertieren. 

Dafür ist auch der Bischof selbst ein gutes Beispiel: In der Schweiz geboren, kam der in die lutherische Kirche getaufte Arborelius früh mit katholischen Ordensschwestern in Berührung. „Ich hatte das Glück, schon als Kind viele beeindruckende Katholiken kennen gelernt zu haben“, erzählt er im vollbesetzten Giebelsaal. Das habe ihn im Alter von 20 Jahren bewogen, katholisch zu werden und den Priesterberuf anzustreben. Nur zwei Jahre später trat er in den Karmeliterorden ein. „Die meisten unserer Priester in Schweden sind Ordensleute“, erzählt er. Viele davon Konvertiten wie er. 

Eine kritische prophetische Stimme

Der katholische Glaube ziehe vor allem Intellektuelle an, so seine Beobachtung. Dass es die meisten aber im Gefängnis gebe, sei Teil der Migrationsbewegung. Kriminalität, etwa im Drogenhandel, gebe es oft bei Menschen aus anderen Ländern, etwa Lateinamerika. 

Trotzdem versuche die katholische Kirche im Land eine „kritische prophetische Stimme“ zu sein, um etwa in Fragen des Lebensschutzes, im Zusammenleben mit Muslimen und in der Flüchtlingsfrage Akzente zu setzen: „Es ist schwierig sich Gehör zu verschaffen, Religion gilt oft als gefährlich und konfliktträchtig. Aber wir sind auch ein bisschen exotisch. Und so gibt es im Gegenzug auch eine große Offenheit für religiöse Fragen.“  

Zur Lage der Flüchtlingspolitik unterstreicht Arborelius, Schweden habe ähnlich wie Deutschland die Türen geöffnet. Doch mittlerweile werde aus innenpolitischen Gründen massiv gegengesteuert. Von den 160 000 Flüchtlingen, die das neun Millionen Einwohner-Land seit dem vergangenen Herbst aufgenommen habe, sollte die Hälfte jetzt wieder ausgewiesen werden. Ein falsches Signal, das nur die Ängste von Teilen der Bevölkerung schüre. Nach dem Aufruf von Papst Franziskus, in jeder Kirchengemeinde mindestens eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen, hat die schwedische Bischofskonferenz für jede katholischen Gemeinde Schwedens einen Flüchtlings-Koordinator eingesetzt, der die Freiwilligen bei der Arbeit mit Flüchtlingen und Asylbewerbern anleitet. Es gebe aber ethnische und religiöse Spannungen etwa zwischen Christen und Muslimen und einen wachsenden Antisemitismus in der muslimischen Bevölkerung. (dw)       

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