FRANKFURT, 16.06.2021
Pilgern zwischen Main und Skyline

Die Frankfurter Börse ist kein ausgesprochen spiritueller Ort. Trotzdem sind Bulle und Bär auf dem Börsenplatz eine von elf Stationen beim neuen Stadtpilgerweg durch Frankfurt. Schwester Kristina Wolf und Simone Müller vom Heilig Kreuz – Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität haben den gut 5,5 Kilometer langen Weg zusammengestellt und dabei bewusst auch Stationen mit aufgenommen, die auf den ersten Blick keinen spirituellen Bezug haben.
„Wir haben markante Punkte ausgewählt, die gut erreichbar sind, egal ob für Touristen oder Einheimische. Denn wir möchten dazu einladen, diese Orte mit anderen Augen zu betrachten und nachzuspüren, welche Gedanken und Themen dabei aufkommen“, erklärt Simone Müller. Schwester Kristina ergänzt: „Klassischerweise haben Pilgerwege ja ein klares Ziel. Doch in Frankfurt ist das Ziel, zu beobachten, was auf dem Weg mit mir passiert.“
Innere Einkehr an speziellen Orten
Anfang des Jahres ist unter dem Titel „Wege in Freiheit und Verbundensein“ ein hübsch illustriertes Begleitheft zum neuen Stadtpilgerweg erschienen, der nun offiziell zu den Pilgerwegen im Bistum Limburg gehört. Der barrierefreie Weg führt von der Liebfrauenkirche zur Hauptwache und weiter zur Börse, von dort aus geht es über den Willy-Brandt-Platz, den Theaterplatz und die Paulskirche zum Römer. Weiter läuft man Richtung Dom, dann zum Jüdischen Friedhof und dem Börneplatz, zur Alten Brücke, dem Eisernen Steg und zur Leonhards-Kirche. Neben einer begleitenden Karte, die es online auch interaktiv gibt, enthält das Pilgerheft zu jeder der elf Stationen Informationen sowie Übungen und Denkanstöße, um an diesem speziellen Ort zur Ruhe zu kommen.
In aller Freiheit unterwegs
Die reine Gehzeit ist mit eineinhalb Stunden angegeben. Wem das zu viel ist, der kann auch die in zwei Etappen unterteilte Variante wählen – oder sich gleich ganz davon lösen. „Es ist ein äußerer Weg, der einlädt, einen inneren Weg zu gehen, in aller Freiheit, sich auch nur Punkte herauszupicken, die mich jetzt gerade ansprechen“, so Schwester Kristina. Natürlich könne man den Weg gemeinsam mit anderen ablaufen, doch intensiver sei es, ihn allein zu gehen, um an den Orten und mit den Fragen bei sich selbst sein zu können.
Die Lieblingsorte der Autorinnen
Apropos Orte: Natürlich haben die beiden Autorinnen auch persönliche Lieblinge unter den Stationen. Simone Müller mag vor allem den Platz vor dem Schauspielhaus und die Frage, welche Stücke im eigenen Leben noch unaufgeführt sind. Und auch die Paulskirche, an der das Pilgerheft dazu einlädt, sich mit den eigenen Lebensentscheidungen auseinanderzusetzen. Schwester Kristina steht gerne auf der Alten Brücke. „Dort ist man dazu eingeladen, sich zu fragen: Was möchte ich loslassen und vom Strom des Lebens davon tragen lassen?“, sagt sie.
Hildesheim war Vorbild
Die Idee zu einem eigenen Stadtpilgerweg hat die Missionsärztliche Schwester vor ein paar Jahren von einer Exkursion nach Hildesheim mitgebracht. „Dort gibt es in der Touristeninformation ein Stadtpilgerheft, mit dem man selbst durch die Stadt gehen kann“, erzählt sie. Davon waren Schwester Kristina und ihre damalige Kollegin Andrea Maschke so begeistert, dass sie beschlossen, für Frankfurt ein ähnliches Konzept zu entwickeln – auch mit Hinblick auf den Ökumenischen Kirchentag 2021, zu dem, wie sie damals noch glaubten, tausende von Besucherinnen und Besuchern in die Stadt kommen würden. Doch aus verschiedenen Gründen stagnierte das Projekt, bis die neue Referentin Simone Müller ins Team kam. Gemeinsam nahmen sie den Faden wieder auf.
Herausgekommen ist nun ein Heft mit 31 Seiten, das zunächst in einer Auflage von 2500 Stück gedruckt wurde. Es ist kostenlos erhältlich in der Touristeninformation am Römer, im Punctum (Liebfrauenstraße 2), im Haus am Dom (Domplatz 3) sowie in der Kirche Heilig Kreuz (Meditationszentrum, Kettelerallee 45) – entweder zu den täglichen Öffnungszeiten 17 bis 19 Uhr oder im Flyerkasten neben der Eingangstür. Digital kann es hier heruntergeladen werden.