FRANKFURT
Zehn Forderungen für eine gerechtere Politik
Das Hessische Sozialforum hat seine Forderungen zur Kommunalwahl vorgestellt. Unter dem Titel „Zukunft für Alle! gerecht – ökologisch – sozial“ wurden beim jüngsten Treffen des Forums zehn Kernforderungen verabschiedet. Digital mit dabei waren am 30. Januar 480 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Übereinstimmend wurde festgestellt, dass gerade die Pandemie nicht alle gleich trifft, sondern die Spaltungen und Ungleichheiten in Hessen dramatisch verschärft. Beim Hessischen Sozialforum diskutierten Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Klima-Initiativen und verschiedener Initiativen wie soziale und ökologische Gerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe in den Kommunen hergestellt werden kann.
In einleitenden Impulsreferaten wurden sowohl eine sozial-ökologische Utopie als auch die derzeitige Armutssituation und ihre mögliche Bekämpfung durch die Kommunen dargestellt. Schwerpunkte waren dabei Forderungen nach Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und einer ökologischen Verkehrswende.
Nur wenige Wochen vor der Kommunalwahl wurden klare politische Forderungen für eine zukünftige Politik in Hessen formuliert.
Diese Forderungen sollen an die hessischen Parteien, kommunalen Spitzenverbände und Kommunen versandt und zur Umsetzung empfohlen werden.
Trägerkreis des Sozialforums
Das 15. Hessische Sozialforum wird getragen von einem Bündnis aus sozialen Bewegungen und Bürgerinitiativen. Zusammen mit Kirchen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden fordert es eine sozial gerechtere Politik in Hessen und versteht sich dabei als Impulsgeber. Die Mitglieder sind:
- agah – Landesausländerbeirat Hessen
- Attac Frankfurt
- Bündnis „Soziale Gerechtigkeit in Hessen“ (34 Verbände und NGO’s, zum Beispiel: DGB-Hessen-Thüringen, Diakonie Hessen, Katholische Arbeitnehmerbewegung im Bistum Mainz und Limburg, Diözesancaritasverband Limburg, Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung in der EKHN, Katholische Akademie im Haus am Dom, VdK-Hessen, u.a.)
- Evangelische Akademie Frankfurt
- Förderverein Trommel e.V. Wiesbaden
- Friedens- und Zukunftswerkstatt
- GEW Hessen
- Hessischer Flüchtlingsrat
- IG Metall Bezirk Mitte
- Initiativgruppe Bedingungsloses Grundeinkommen Frankfurt Rhein-Main
- Gewerkschaft NGG Hessen/ Rheinland-Pfalz/Saar
- Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen
- ver.di Hessen
- Pax Christi Rhein-Main-Regionalverband Limburg/Mainz
Positionen zu den hessischen Kommunalwahlen 2021
1. Armut bekämpfen, soziale Infrastruktur ausbauen und Folgen der Pandemie kompensieren
Die Corona-Pandemie hat das Ausmaß der Armut in den Kommunen sichtbar gemacht und die Situation vieler Menschen weiter verschlechtert. Die Kommunen müssen hier gegensteuern und trotz finanzieller Schwierigkeiten das Sozialbudget und die soziale Infrastruktur sichern. Pandemie bedingte finanzielle Ausfälle und Mehrkosten im Bereich Soziales, Kultur und Bildung müssen vollständig aufgefangen werden.
2. Flächendeckend gute medizinische Beratung und Versorgung
Um besonders in ländlichen Regionen eine gesundheitliche Beratung und Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, sollten die Kommunen eigene, d.h. kommunale medizinische Versorgungszentren aufbauen und sich zusätzlich für einen wohnortnahen Ausbau von Pflegestützpunkten und psychosozialen Beratungsstellen engagieren.
3. Digitale Infrastruktur stärken
In Hessen braucht es eine flächendeckende und gute digitale Infrastruktur. Der Breitbandausbau, auch in ländlichen Gebieten, sowie digitale Ausstattung bei Behörden, Jobcentern und öffentlichen Einrichtungen muss vorangetrieben werden.
4. Bildung stärken, Kindertagesstätten und Schulen besser ausstatten
Kitas, Horte und (Berufs-) Schulen müssen in jeder Hinsicht besser ausgestattet werden. Sie brauchen ausreichend qualifiziertes und entsprechend bezahltes Personal. Dazu gehört auch die angemessene Ausstattung im Bereich der Digitalisierung sowie ein bauliches Sofortprogramm für Sanitäreinrichtungen in Schulen. Über die klassischen Bildungseinrichtungen hinaus braucht es eine Stärkung der außerschulischen Angebote, der politischen Bildung und der Volkshochschulen in den Kommunen.
5. Kommunen brauchen „Gute Arbeit“
In den hessischen Kommunen und ihren Betrieben sollten gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen verbindlich sein. Unbefristete tarifliche Beschäftigungsverhältnisse müssen der Maßstab sein, statt Leiharbeit und Werkverträge. Die Kommunen sollten die Möglichkeiten des hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes voll ausnutzen, und kommunale Aufträge ausschließlich an Betriebe mit guter Arbeit, nachhaltigem Wirtschaften und modernen Umweltstandards vergeben. Zentrale Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge gehören in öffentliche Hand oder in die freigemeinnützige Trägerschaft.
6. Offensive einer kommunalen Beschäftigungspolitik
Die durch die Corona-Pandemie verschärfte Situation auf dem Arbeitsmarkt erfordert einen Auf- und Ausbau der kommunalen Beschäftigungs- und Qualifizierungspolitik, bei der durch eigene und komplementär finanzierte Programme die Qualifizierung, Ausbildung und Beschäftigung von benachteiligten und arbeitslosen Menschen sichergestellt wird. Dazu bedarf es auch einer Grundfinanzierung der Bildungs- und Beschäftigungsträger.
7. Wohnen ist ein Menschenrecht und kein Spekulationsobjekt
Für ausreichend bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum zu sorgen ist Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Dazu sind alle Instrumente, wie beispielsweise Erhalt und Ausbau kommunaler Wohnungsbestände, soziale Boden- und Grundstückspolitik, Nutzung von Vorkaufs- und Rückkaufsrechten zu nutzen. Darüber hinaus fordern wir flächendeckend für alle Kommunen in Hessen Zentren für Quartiersmanagement, Sozialberatung und Gemeinwesenarbeit.
8. Kulturförderung muss wieder zentrale Aufgabe der Kommunen werden
Die durch die Corona-Pandemie eingeschränkte Kulturlandschaft muss wiederbelebt und gefördert werden, denn Kultur stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die kulturelle Teilhabe muss für einkommensschwache Haushalte kosten- und barrierefrei ermöglicht werden.
9. Für Gleichheit und Gerechtigkeit - Gegen Rassismus und Rechtsextremismus
Die Kommunalwahl in Hessen muss ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextremismus setzen. Dazu gehören u.a. ein Bekenntnis zur „Kommune gegen Rassismus“ sowie die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen. In den Kommunen bedarf es entsprechender Programme und Maßnahmen zum Ausbau der Beratungs- und Präventionsmaßnahmen gegen Rassismus und Rechtsextremismus, gegen jede Form der Diskriminierung und für mehr Gleichstellung, demokratische und rechtsstaatliche Bildung.
10. Kommunen in Hessen - konsequent nachhaltig, zukunftsfähig und barrierefrei
Im Rahmen einer ökologischen Gesamtstrategie sollen sich die Kommunen in Hessen zu Nachhaltigkeit verpflichten. Dazu gehört die Verwendung ausschließlich erneuerbarer Energien, der Ausbau eines kostenlosen und barrierefreien ÖPNV, die Ausweitung des Fahrradnetzes, der Erhalt von Grün- und Landwirtschaftsflächen sowie ein aktiver Umweltschutz.