FRANKFURT, 19.10.2023
Diskussion über Hass und Hetze gegen Juden
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"Worum geht es in dem Buch, aus dem heute gelesen wird?", fragt Dr. Lisa Straßberger, Studienleiterin für Literatur an der Katholischen Akademie Rabanus Maurus im Haus am Dom. Ein Junge meldet sich - seine Antwort: "Um Judenhass."
Dieses - zugegebenermaßen krasse - Wort ist eines, das in diesen Tagen in der Diskussion rund um den Angriff der Hamas auf Israel und den darauf folgenden Verteidigungskrieg wieder häufiger zu hören ist. Und natürlich spielten die jüngsten politischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten auch bei der "Ausgezeichnet"-Lesung eine Rolle, zu der am Donnerstagvormittag rund 150 Sechst- und Siebtklässler:innen ins Haus am Dom gekommen waren. Die Schülerinnen und Schüler aus fünf Klassen des Gymnasiums Römerhof Frankfurt, der Elisabethenschule Frankfurt, der Marienschule Limburg und der St. Ursula Schule Geisenheim waren die Gewinner der diesjährigen "Ausgezeichnet"-Lesung. Gemeinsam mit ihren Lehrer:innen waren sie ins Haus am Dom eingeladen, um eine exklusive Lesung von Autor Andreas Steinhöfel und Illustratorin Melanie Garanin zu erleben, die ihr Buch „VÖLLIG MESCHUGGE?!“ (ab 12 Jahren) vorstellten. Die mit dem Katholischen Kinder- und Jugendpreis 2023 ausgezeichnete Graphic Novel basiert auf einer TV-Serie und erzählt die Geschichte von drei unwahrscheinlichen Freund:innen, die versuchen ihre Unterschiede zu überwinden. Die Geschichte wird aus der Sicht der Umweltschützerin Charly erzählt, die befreundet ist mit Hamid aus Syrien und Benny mit jüdischen Wurzeln.
Nach der Lesung, die die Zwölf- und 13-Jährigen interessiert und aufmerksam verfolgten, gab es Zeit, um mit Autor und Illustratorin die aktuellen Bilder aus den Nachrichten zu diskutieren. Normalerweise ist ein solcher aktueller "Block" bei den "Ausgezeichnet"-Lesungen nicht vorgesehen. Doch Studienleiterin Lisa Straßberger sagte klar: "Bei einer Lesung aus einem Buch, in dem es um Judenhass geht, muss einfach Raum für Diskussion geschaffen werden."
Die Schülerinnen und Schüler nutzten die Zeit und fragten sehr interessiert, mitunter auch kritisch, nach. Unter anderem wollten die Jugendlichen wissen, ob sichergestellt sei, dass Positionen, die im Buch von einzelnen Figuren geäußert werden, zum Beispiel zum Tragen oder Nicht-Tragen von Kopftüchern, nicht rassistisch miss-verstanden werden könnten. Autor Andreas Steinhöfel versicherte, dass es gerade darum gehe, mit solchen Meinungen kritisch umzugehen, keinen Vorurteilen zu folgen. Das Buch zeigt eindrucksvoll, wie die Figur Charly versucht, zwischen den streitenden Freunden zu vermitteln und Vorwürfe kritisch zu hinterfragen. "Mir war bei der Diskussion auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass antisemitische Attacken und Gewalt nicht, wie es in manchen Rezensionen heißt, nur auf innermigrantische Konflikte zurückgehen", so Lisa Straßberger. "Treibende Kraft für Intrigen und auch Gewalt in der Geschichte sind Kinder, über deren Hintergrund man weniger erfährt, die aber offensichtlich nicht migrantischen Kontexten entstammen." Dass am Ende Gerechtigkeit und Einsicht siegen und die Konflikte beigelegt werden, entspreche dem Wunsch seines Lesepublikums nach einem guten Ende als Lohn für die Leseanstrengung, sagte Autor Steinhöfel. Dem sei er gerne gefolgt.
Über die "Ausgezeichnet"-Lesungen
Bücher ermöglichen Fantasiereisen - doch genauso wie echte Reisen sind sie oft teuer in der Anschaffung. Deshalb sind die Bücher, die den Schülerinnen und Schülern in den Schulen zur Verfügung stehen - und die zum Lese-Kanon der Klassen gehören - nicht immer aktuell. Dabei werden jedes Jahr zahlreiche Bücher für Jugendliche und junge Erwachsene veröffentlicht, die das Potenzial hätteen, in den Kanon aufgenommen zu werden. Um jene Geschichten dennoch in die Klassen zu bringen, gibt es die „Ausgezeichnet“-Lesung, bei der jährlich verschiedene Bücher von den Autor:innen selbst vorgestellt und vorgelesen werden. Weitere Infos dazu gibt es hier.